21. Juni 2018

Tonhalle St. Gallen

Leonore zum Ersten

Ludwig van Beethoven (1770-1827)

Leonoren-Ouvertüre Nr. 1 Op. 138

Nino Rota (1911–1979)

Divertimento concertante per contrabbasso e orchestra (1968)

Allegro – Marcia – Aria – Finale

Franz Schubert (1797–1828)

Sinfonie Nr. 4 («Tragische») c-Moll DV 417

Adagio molto / Allegro vivace – Andante – Menuetto – Allegro

Ja, das ist eine verzwickte Geschichte mit den drei Leonoren-Ouvertüren, die Ludwig van Beethoven komponiert hat. Zu tun hat das mit der langwierigen Entstehungsgeschichte von «Fidelio», der einzigen Oper Beethovens. Beinahe zehn Jahre hatte es gedauert, bis die dritte Fassung der Oper endlich zum gewünschten Erfolg führte. Und was hat jetzt «Leonore» mit «Fidelio» zu tun? Die sind in der Oper ein und dieselbe Person: Eine Frau, also Leonore, die sich als Mann verkleidet, also Fidelio, um in dem spanischen Gefängnis, in dem ihr Gatte einsitzt, als Gehilfe des Gefängniswärters angestellt zu werden. So hofft sie, ihren Mann befreien zu können, was ihr ja dann auch gelingt. Übrigens hat Beethoven für die zweite Aufführung der dritten Fassung eine vierte Ouvertüre geschrieben, die heute übliche Fidelio-Ouvertüre.

Nino Rota kennen wir alle als genialen Filmkomponisten und engen Mitarbeiter Fellinis. Dass er auch ein Kontrabasskonzert geschrieben hat, wusste ich lange nicht. Erst unser junger Kontrabassist Goran Piljic, der als drittes Mitglied aus unserer Orchesterfamilie demnächst sein Musikstudium mit dem Master beenden wird, machte mich darauf aufmerksam. Eine wahre Trouvaille! Oder sollte man in dem Fall besser sagen «una vera scoperta»? Jedenfalls ist dieses viersätzige «Divertimento concertante» ein unterhaltendes Stück im besten Sinne des Wortes, ein pfiffiger Wettstreit zwischen dem Kontrabass und dem Orchester.

Haben Sie sich schon einmal gefragt, was dieses grosse D und die Zahl dahinter bei den Werken von Franz Schubert bedeuten? D steht für Deutsch-Verzeichnis. Darin bringt der österreichische Musikhistoriker Otto Erich Deutsch sämtliche Werke Schuberts in eine chronologische Reihenfolge, analog zum Köchel-Verzeichnis bei Mozart. Schubert hat nämlich nur wenige seiner Werke mit Opuszahlen versehen, wahrscheinlich solche, die ihm besonders wichtig schienen. So trägt sein Opus 1, der bekannte Erlkönig, die Nummer D 328! Die vierte Sinfonie, die wir aufführen, ist ein halbes Jahr später entstanden und trägt bereits die Nummer D 417. Was für ein reiches Schaffen eines Neunzehnjährigen!

Kontrabass

Goran Piljic

Goran Piljic erhielt seinen ersten Kontrabassunterricht 2010 von Margreth Manser in Niederuzwil. 2011 wechselte er nach St.Gallen zu Prof. Francisco Obieta und begann bei ihm 2012 das Instrumentalpädagogik- und Bachelorstudium am Vorarlberger Landeskonservatorium in Feldkirch. Seit 2016 studiert er im Master of Arts – Performance an der Hochschule Luzern – Musik bei Prof. Bozo Paradzik. Das Studium schliesst er noch diesen Juni ab.

Nach 11 Jahren klassischer Gitarre wurde es Goran etwas einsam und er entdeckte den Orchesterklang und das grösste Streichinstrument für sich. Frühe Orchestererfahrung sammelte er beim Orchester der Kantonsschule am Burggraben, beim Orchester Musikfreunde St.Gallen unter Robert Jud und als Stimmführer beim Studentenorchester in Feldkirch unter Benjamin Lack. Zahlreiche Orchester durfte er musikalisch unterstützen, wie z.B. das Luzerner Sinfonieorchester, das Sinfonieorchester Liechtenstein, das Zentralschweizer Jugendsinfonieorchester und das Jugendsinfonieorchester Zürich. Als Freelancer war er von Frankreich bis Tschechien schon in ganz Europa unterwegs. Sein Debut als Solist gab er 2015 mit dem Orchester Flawil-Gossau.
Die Kammermusik ist Goran Piljic sehr wichtig. Das Musizieren im kleinen Ensemble hat seinen eigenen Charme und bringt immer viele neue Facetten hervor. Während dem Studium hat er zahlreiche Werke erarbeitet. Im Sommer 2016 gründete er mit drei Studienkollegen ein immer noch namenloses Kontrabassquartett.

Mit der pädagogischen Ausbildung in Feldkirch im Rücken unterrichtete Goran Piljic von 2014 bis 2016 an der Musikschule Lindau (D) und hat immer eine Handvoll Privatschüler. Eine Vertiefung in der Chor- und Ensembleleitung, sowie viele Volks-, Jazz- und Pop-Engagements runden sein Profil als Musiker ab. Momentan beschäftigt er sich mit der historischen Aufführungspraxis barocker Musik mit historisch gebauten Instrumenten.